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Selb, Hohenberg

MAN IST, VON WAS MAN ISST. DER WANDEL DER ESSKULTUR VOM PORZELLAN AUS BETRACHTET


Kochshows sprießen seit einiger Zeit wie Pilze aus dem Boden. Es wird gekocht, gegessen und über Kulinarisches gesprochen. Selbermachen ist im Trend. Doch Essen verkörpert mehr, als nur die Speise auf dem Teller. Das Auge isst bekanntlich mit. Das Porzellanikon – Staatliches Museum für Porzellan, Hohenberg an der Eger / Selb befasst sich in einer großen Sonderausstellung „DICK. DÜNN. FETT. MAGER. Porzellan in drei Jahrhunderten Esskultur“ mit dem Wandel der Dinge, von denen gegessen wird. Raffinierte Inszenierungen spiegeln auf circa 600 qm Ausstellungsfläche in drei Themenbereichen den Wandel der Servicekultur, eine kleine Geschichte des Koch- und Backgeschirrs und die Folgen nationaler und internationaler Einflüsse auf die Entwicklung des Porzellans vom 19. Jahrhundert bis heute wider. Durch die vielseitigen Präsentationen ist die Ausstellung in Europas größtem Spezialmuseum für Porzellan für Jung und Alt gleichermaßen spannend. Es gibt viel zu entdecken: Altbewährtes und Überraschendes.

Wer kennt noch Suppenkellen, Saucen- oder Senflöffel aus Porzellan? Warum decken wir heute einen Tisch mit weniger Porzellan? Unter dem Motto „Ausgelöffelt – Terrine, Teller, Tasse…“ werden im Mutterhaus des Porzellanikons, in Hohenberg an der Eger beinahe vergessene Teile, die man zum Servieren von Speisen benötigt hat,  wie Terrinen und Ragoutschüsseln, Bouillontassen und Saucengießer vorgestellt. Auch ganz unterschiedliche Gerätschaften wie Löffel, Kellen, Senfkannen aus Porzellan bringen die Besucher zum Staunen. Eine acht Meter lange Tischinszenierung mit mehreren Speiseservicen veranschaulicht, wie ein gedeckter Tisch im 19. Jahrhundert aussah, wie in den 1930erJahren, nach dem Zweiten Weltkrieg und wie heute – was war wann notwendig, wurde überflüssig oder kam neu hinzu. Typisch waren im 19. Jahrhundert teils ausufernd dekorierte Service mit dutzenden, aus heutiger Sicht exotisch wirkenden Einzelteilen.  Das perfekte Arrangieren der Speisen in Schüsseln und auf Platten nahm einen hohen Stellenwert ein. Heute wird dagegen vorgezogen, direkt aus dem Kochtopf auf dem Teller anzurichten und zu servieren.

Wer hat schon von „Luzifer“, „Walküre“ oder „Durabel“ gehört? Das sind Namen für Porzellane, die dem teuflischen Feuer des Backofens widerstehen. Anrichten, Kochen, Backen und Servieren in demselben Behältnis war und ist ein großes Thema, das in vielen Ausprägungen gerade Porzellangestalter zum Nachdenken anregte und die Techniker in den Fabriken vor Herausforderungen besonderer Art stellte. Es darf nicht zerspringen, selbst wenn ganz heiß und bitterkalt aufeinandertreffen. Porzellan muss das aushalten. Und noch andere Herausforderungen sind zu bewältigen: Funktion und Anmutung sind zu vereinbaren. Die Ergebnisse sind vielfältig und facettenreich. Kurioses steht neben Dingen, die, genial und selbstverständlich zugleich, ihren Dienst erfüllen. Was es einst gab und heute vergessen ist, was blieb und als neues Produkt hinzukam, thematisiert der Ausstellungsbereich „Mahlzeit! Vom Herd auf den Tisch. Eine kleine Geschichte des Koch- und Backgeschirrs“ am Standort Hohenberg. Zu entdecken sind diese in Vitrinen, die Öfen nachempfunden sind. Ein Küchenblock mit unterschiedlichen Küchenplatten, Gestaltungselementen wie Topflappen und Geschirrteilen dekoriert, versprüht echte Küchenatmosphäre. Eine digitale Bildershow zeigt Anzeigen und Werbeflyer zu den Themen Kochen, Backen und Servieren vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis heute.

Kaum etwas sagt mehr über Land und Leute aus als die Esskultur. Jedes Land hat seine typischen Köstlichkeiten. Welche Auswirkungen die nationalen und internationalen Speisen auf die Porzellangestaltung haben, focusiert der dritte Ausstellungsteil. Unter dem Titel „Berlin, London, Paris, New York, Beijing... –  Eine Cool(e)-Tour des Speisens“ führt die Show in Selb die Besucher durch sieben Länder: Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien, USA, Japan und China. Ein über 50 Meter umlaufender Tisch macht deutlich, dass für bestimmte Speisen entsprechende Porzellane produziert wurden: Currywurstschalen, Lasagneformen, Schneckenpfannen und Austernteller, Geschirr für Barbecue und für Japan wie auch für China typische Schälchen und Löffel. Szenografisch umgesetzt werden diese Exponate durch Inszenierungen, die man mit dem jeweiligen Land assoziiert. Unter Restaurant- und Werbeschildern steht ein nachgestellter Pizzaofen, eine Fish- & Chipsbude, eine Curry- Wurstbude, ein großer Barbecue-Grill und verschiedene Tischarrangements.

Zusammen umfasst die Ausstellung zirka 1.000 Exponate. Diese stammen fast ausnahmslos aus den reichhaltigen Sammlungen des Porzellanikons selbst oder aus den Archiven Hutschenreuther und Rosenthal, beides Dauerleihgaben der Oberfrankenstiftung in Bayreuth. Ergänzt werden diese um aktuelle Erzeugnisse deutscher Porzellanhersteller, die dem Porzellanikon von den Unternehmen für die Ausstellung und dessen Sammlung übereignet wurde. Damit wird das gute und erfolgreiche Miteinander des Museums mit der Branche eindrucksvoll unter Beweis gestellt. So ist eine große Zahl von Unternehmen präsentiert und dokumentiert damit gleichzeitig wirkungsvoll den unglaublichen Facettenreichtum des Angebotes.

Blick in die Ausstellung in Hohenberg, Foto: Andreas Gießler, © Porzellanikon

Blick in die Ausstellung in Hohenberg, Foto: Andreas Gießler, © Porzellanikon

Blick in die Ausstellung in Hohenberg, Foto: Andreas Gießler, © Porzellanikon

Blick in die Ausstellung in Selb, Foto: Andreas Gießler, © Porzellanikon