PORZELLAN – VON SELB IN DIE WELT
Seit 2014 ist das Porzellanikon staatliches Museum. Das ist Grund genug, einmal auf das seit der Entstehung in über 30 Jahren Erreichte zurückzuschauen. Mit seinen beiden Standorten in Selb und Hohenberg an der Eger gehört das Porzellanikon zu den führenden Fachmuseen für Keramik in Europa. Die bayerische Landesvertretung in Berlin würdigte das Haus in dieser Woche mit einer Präsentation unter dem Motto: „Porzellan – von Selb in die Welt“. Im Mittelpunkt stand nicht nur die Entwicklung des Museums, sondern auch die Zukunft der Porzellanindustrie.
Zeitpunkt und Ort der Präsentation waren gut gewählt. Am selben Tag fand hier schon die Abschlusstagung des EU-Projekts „Ceramics and its dimensions“ statt. Vier Jahre lang haben Partner aus ganz Europa unter der Federführung des Porzellanikons in zehn Projektmodulen zusammengearbeitet. Das weitgespannte Netzwerk reichte von westeuropäischen Staaten wie Spanien oder Irland bis nach Serbien und ins Baltikum. Ein Grund für den Erfolg des Projekts lag in seiner interdisziplinären Anlage. Es ging von Anfang an darum, den Austausch zwischen Museen, Hochschulen und Industriepartnern zu fördern.
Spürbar war der Anspruch, am Puls der Zeit zu sein. Wilhelm Siemen, der die Entwicklung des Porzellanikons seit Jahrzehnten als Direktor prägt, erinnerte an die Verantwortung der Museen für die Gesellschaft. Entsprechend wurden innovative Ansätze präsentiert, die über die Grenzen der traditionellen Museumsarbeit hinausweisen. So hat das Potteries Museum in Stoke-on-Trent im Rahmen von „Ceramics and its dimensions“ zahllose Interviews geführt, um die Bedeutung des keramischen Erbes für die Menschen von heute zu dokumentieren. In Selb wird gerade die Ausstellung „Stille Stars“ für 2019 vorbereitet. Sie gilt der Frage, welche Rolle Porzellan in der Werbung und im Film spielt.
Ein vitales Interesse haben der Freistaat und die Region Oberfranken an der Gestaltung der Zukunft. Design- und Innovationsförderung sind das Gebot der Stunde. Das EU-Projekt trug dem Problem in besonderer Weise Rechnung. Im Modul „Shaping the future“ suchten junge Gestalter nach neuen Konzepten und Technologien, ausgehend von einem Workshop in der Porzellanfabrik Kahla. Ein ebenso wichtiges Forum für den Nachwuchs war der Wettbewerb „Future lights in ceramics“. Viele der ausgezeichneten Künstler erregten bereits international Aufmerksamkeit. Ein besonderer Gast in Berlin war der taiwanische Porzellan-Unternehmer Franz Chen, der mit Nachdruck für kluge Geschäftsideen warb.
An vielen Orten haben sich Museen als Akteure des Strukturwandels bewährt. Daher pflegt das Porzellanikon sein Publikum und sucht zugleich die Nähe zu Hochschulen und zur Industrie. Aktuell erlebt Porzellan eine überraschende Renaissance als Alternative zu Wegwerfartikeln aus Plastik oder Papier. Das zeigte nicht zuletzt der „Clip award“ zum Thema „Go green“, der auf der Berliner Veranstaltung erstmals verliehen wurde. Die beiden erstplazierten Beiträge nahmen die Müllberge der Coffee-to-go-Kultur aufs Korn.
Christoph Schmälzle
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